Immer wieder wird Räude als Grund genannt, um einen Wolf töten zu müssen. Völlig unberechtigt wie Sie hier lesen können.
Wie gefährlich ist Räude beim Wolf?
Sarcoptes Räude ist bei wilden Kaniden eine der gefährlichsten Krankheiten. In Amerika wurde sie 1909 von staatlichen Tierärzten in die Rocky Mountains eingeführt, um die örtliche Kojoten- und Wolfspopulation zu vernichten. Noch lange nach der Ausrottung der Beutegreifer existierte die Milbe weiter. Im Winter 2008 konnte ich in Yellowstone zum ersten Mal Wölfe beobachten, denen großflächig Fell fehlte. Auch Füchse können unter der Krankheit leiden.
Im Winter kann sie daher ein wichtiger Regulierungsfaktor für Wolfspopulationen sein. Es gibt mehr Fälle von Räude, wenn die Populationszahlen steigen. Eine Ansteckung von Haustieren, seltener auch Menschen, ist zwar möglich, lässt sich jedoch gut behandeln.
Sarcoptes Räude entsteht durch die Krätzmilbe (Sarcoptes scabiei), die schwere Hauterkrankungen verursacht. Die Milbe gräbt sich in die Haut und legt dort ihre Eier ab. Die sich daraus entwickelnden Larven und Nymphen wandern auf die Hautoberfläche, wo sie sich weiter vermehren. Bei den Abwehrreaktionen des Körpers kommt es zu Entzündungen und Juckreiz und daraus resultierend zu Haarausfall, Kratzwunden und Krustenbildung. Das betroffene Tier verliert teilweise oder ganz sein Haarkleid, was für einen Wolf lebensbedrohlich sein kann.
Die Übertragung erfolgt schon durch flüchtigen Kontakt von Tier zu Tier; eine Übertragung von Wildtieren auf Haustiere scheint dagegen ausgeschlossen. 1980 versuchten Wissenschaftler, Sarcoptes-Räude von einem Rotfuchs, vier Kojoten und einem Wolf auf Hunde zu übertragen, was fehlschlug.
Räude ist ein wichtiger Regulierungsfaktor für Wolfspopulationen. Es gibt mehr Fälle von Räude, wenn die Populationszahlen steigen. Die Zahl der überlebenden Welpen sinkt mit sinkender (erkrankter) Population. Viele Tiere erfrieren durch den Fellverlust.
Auswirkung von Räude auf das Sozialverhalten
Zur Frage, welche Auswirkungen Räude auf die soziale Dynamik, den Zusammenhalt und den Status der Tiere innerhalb eines Rudels hat, wie manche Wölfe die Infektion überleben und wie viele zusätzliche Kalorien notwendig sind, um den Wärmeverlust auszugleichen, gibt es eine Studie vom USGS Northern Rocky Mountain Science Center und dem Yellowstone Nationalpark Service. Für die Untersuchung der Krankheit bedient man sich eines Verfahrens, das ursprünglich zu Militärzwecken im Koreakrieg entwickelt und eingesetzt wurde: der Thermografie. Dabei handelt es sich um ein Wärmebild, das die für das menschliche Auge unsichtbare Wärmestrahlung des Wolfskörpers sichtbar machen kann. So lassen sich Temperaturmessungen flächenförmig erfassen und darstellen.
Die Wärmebilder helfen den Wissenschaftlern nicht nur das Ausmaß des Haarverlustes durch die Räude festzustellen, sondern vor allem, den dadurch verursachten Wärmeverlust in den verschiedenen Stadien der Infektion.
Das obige Bild zeigt einen Wolf vom Grizzly and Wolf Discovery Center in West Yellowstone. Die Wissenschaftler haben an seinem hinteren Bein an einer kleinen Stelle das Fell wegrasiert. So können die Forscher den Unterschied des Wärmeverlustes mit und ohne Fell dokumentieren. Auf dem Bild hier sieht man deutlich den roten Fleck am Bein des Wolfes. In der Wildnis würde das bedeuten, dass der Wolf bei einem solchen „Hot Spot“ viel Wärme verliert, die er wieder durch die Zufuhr von mehr Energie (= Futter) ausgleichen muss.
Zum Vergleich ein Wärmebild von einem gesunden Wolf.
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