Hope – Hoffnung auf krummen Beinen

6. April 2021

Wie ihr wisst, habe ich im letzten August Abschied von meiner Shira nehmen müssen. Es war extrem schmerzhaft und ich schreibe darüber auch in meinem neuen Hundebuch, an dem ich gerade arbeite.

Nach diesem  Verlust wollte ich keinen Hund mehr.
„Ja, ja. Alles klar“, werden die meisten von euch nun lächelnd nicken.
Okay!!! Ich meinte erst mal keinen Hund mehr …

Nun, heute möchte ich euch den neuen Vierbeiner in meinem Leben vorstellen. Ich habe sie HOPE genannt, und ich bin fest davon überzeugt, dass Shira sie mir „geschickt“ hat.

Mein allererstes Bild von Hope – noch in Rumänien, aber schon in Sicherheit

Die Hündin stammt aus einem rumänischen Tierheim. Sie wurde aus einer Tötungsstation gerettet und hat nun bei mir ein neues Zuhause gefunden. Die Kleine entspricht überhaupt nicht meinem üblichen „Beuteschema“ (Labrador). Aber beim Anblick dieses Gesichts hat mein Herz entschieden. Ihr wisst, wie das ist.

Hope

Laut Impfpass ist sie fünf Jahre alt (passenderweise hat der rumänische Tierarzt ihr Geburtsdatum auf den 14. Februar 2016 gesetzt – Valentinstag). Meine Tierärztin schätzt sie aufgrund des guten Zustands ihrer Zähne auf mindestens ein Jahr jünger. Sie ist gesund,  die krummen Beinchen könnten auf eine Mangelernährung in der Welpenzeit und Jugend hindeuten – oder auch einfach nur auf irgendwelche Dackelvorfahren.  Für mich machen die sie noch ein bisschen liebenswerter.

In der rumänischen Auffangstation, kurz vor der Ausreise nach Deutschland

Hope in ihrer ganzen majestätischen Größe

Die Untersuchung hat ergeben, dass sie gesund ist. Ein großes Loch im Ohr zeigt, wo die Ohrmarke saß, die man den Tieren auf der Einfangstation verpasst hat. Gewicht: 9,4 Kilo.

Zum Verhalten kann ich nach drei Wochen bereits so viel sagen:
Hope ist eigentlich ein Traumhund. Von Anfang an war sie stubenrein, bleibt allein Zuhause, kein Bellen oder Zerstörung. Sie fährt brav und gern Auto, noch mit Gurt gesichert, aber die Hundebox ist bestellt. Sie verträgt sich mit ruhigen Hunden, die sie nicht bedrängen. Vor wilden, großen Hunden hat sie Angst, weil sie im Tierheim der einzige kleine Hund in einer Gruppe großer Hunde war und von denen gemobbt wurde. Wird jemand zu aufdringlich, warnt sie, knurrt oder bellt.

Irgendwie ist jedes Hundebett zu klein …

Sie liebt ihre drei (!!) Hundebetten über alles. Ich nehme an, es ist das erste Mal, dass sie in ihrem Leben weich liegt. Es könnte ein Weltkrieg um sie herum ausbrechen und Bomben explodieren, so lange sie ihr Bett hat, ist die Welt in Ordnung. An die Leine (lange Schleppleine für draußen und kurze Hausleine während der ersten Tage drinnen) und ihr Geschirr (Panik-Geschirr) hat sie sich gewöhnt, wenn auch nur ungern.

Die Leckerlis testet sie noch. Die meisten Super-Leckerlis interessieren sie nicht. Futter-Suchspiele im Feld sind also noch nicht möglich. Das bin ich ja von meiner Shira, die alles inhaliert hat, nicht gewöhnt. Aber Hope frisst ihr Hundefutter mit Leidenschaft und freut sich morgens auf ihr Leberwurstbrot. Leberwurst geht grundsätzlich immer. Auch wenn ich sie zu etwas überreden will.

Ich habe Hope bei meiner Freundin Corina (die mir auch schon Shira vermittelt hatte) an der Ostsee abgeholt. Ihre ruhige und souveräne Hündin Nanuk (ebenfalls aus dem Auslands-Tierschutz), gab Hope Sicherheit, so wie hier beim Strandspaziergang, wo die Kleine wohl zum ersten Mal Sand und Meer unter ihren Pfoten gespürt hat.

Ein persönlicher Bodyguard ist eine prima Sache

Gut, wenn einer weiß, wo’s langgeht

Zurück zu Hause versuche ich  jetzt, viel Routine in unseren Alltag zu bringen, was mir als freie Autorin entgegenkommt. Und ja, natürlich wird Hope auch eine Rolle im neuen Buch spielen.

So, das waren die positiven Geschichten. Nun die Dinge, an denen wir noch arbeiten müssen.

Hope ist nach dem langen Leben auf der Straße verständlicherweise sehr ängstlich. Sie fürchtet sich vor Männern, Türen, dunklen Räumen, schnellen Bewegungen, Autos, Treppen, herunterfallenden Gegenständen und vielem mehr. Beim Gassigang bleibt sie noch viel stehen und sichert die Gegend, ob irgendwo eine Gefahr droht. Aber sie wird mutiger. Ich kann sie streicheln, bürsten und untersuchen. Sie freut sich, wenn sie mich sieht. Und sie vertraut mir.  Aber manchmal, wenn ich unbedacht eine falsche Bewegung mache (z.B. stolpere), ist es ein Schritt zurück und wir fangen wieder neu an.

Und ich lerne sehr viel von meiner kleinen Hündin. Vor allem Geduld, sehr viel Geduld. Langsamkeit und Ruhe. Alles Eigenschaften, die man in der hektischen heutigen Zeit gut gebrauchen kann. Und sie lehrt mich, meine Erwartungen an sie – und mich – drastisch zu reduzieren.
Ich hatte mit meiner ersten Labradorhündin Lady auch ein Tier aus einem Tötungstierheim in den USA. Lady hatte aber zuvor in einer Familie gelebt; es war sehr einfach mit ihr.  Bei Hope ist das anders. Ein Tierschutzhund aus dem Ausland, der viele Jahre auf der Straße überlebt hat, ist eine völlig andere Nummer. Wer das plant,  sollte sich ausführlich informieren und sich selbst sicher sein, ob er oder sie sich das auch zutraut.
Ich gehe davon aus, dass ich noch sehr lange viel Geduld und Zeit für die Kleine aufbringen muss, was ich auch gerne tue. Wenn ich daran denke, welche Schrecken Hope hinter sich hat, dann staune ich immer wieder, wie mutig sie ihr neues Leben angeht.

Zeit für’s Bett. Gute Nacht, Freunde.

Ich bin froh und dankbar, dass ich den vermutlich letzten Hund in meinem Leben vor dem sicheren Tod retten konnte.
Mehr über das Abenteuer mit dem krummbeinigen Herzenshund erfahrt ihr hier auf diesem Blog.

Ich freue mich über euer Feedback per Mail oder in den Kommentaren auf meinem YouTube Kanal. Besonders freue ich mich natürlich von allen zu hören, die auch einen Hund aus dem Auslandstierschutz haben und mir und allen anderen hier von ihren Erfahrungen berichten können.

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