Buchtipp: Buchenleben

2. Oktober 2024

Buchenleben
Ein Baum erzählt seine erstaunliche Geschichte
aufgeschrieben von Peter Wohlleben
‎Ludwig Buchverlag
352 Seiten
ISBN‎ 978-3453281516
23,00 €

Inhalt
Was würden uns Bäume erzählen, wenn sie sprechen könnten? Fast zehn Jahre nach Erscheinen von „Das geheime Leben der Bäume“ hat die Forschung so viel neues Wissen erschlossen, dass es an der Zeit ist, die Bäume selbst zu Wort kommen zu lassen. Dazu leiht ihnen Deutschlands berühmtester Förster seine Stimme.
Erstmals lässt er eine 250 Jahre alte Buche berichten, was ihr im Laufe der Zeit – vom Samen bis zum Giganten des Waldes – widerfährt, welche Gefahren ihr im Laufe ihres Daseins begegnen, wie sich »Familie« für sie anfühlt und wie das Leben und Überleben im Wald genau funktionieren. Und erfahren Unglaubliches, durch neueste wissenschaftliche Forschungen Bestätigtes: Bäume verständigen sich u.a. durch Klicklaute miteinander, sie können also hören! Und nicht nur das: Sie verfügen auch über ein Sehvermögen und können sich sogar erinnern und Erfahrungen an ihren Nachwuchs weitergeben!
Basierend auf den jüngsten Erkenntnissen der Wissenschaft, gelingt es Peter Wohlleben, in dieser eindrücklichen »Autobiografie« einer Buche das faszinierende Leben und die überaus facettenreiche Biologie der Bäume einem naturliebenden Publikum auf unterhaltsame und originelle Weise näherzubringen – so nah wie nur irgend möglich.

Zum Buch

Das sagt die Redaktion
Ich habe viele Jahrzehnte wild lebende Wölfe beobachtet. Oft habe ich mich gefragt, wie es wäre, ein Wolf zu sein – oder auch mein Hund. Was denkt, sieht und hört er wirklich. Was fühlt er? Wie ist diese/unsere Welt für ihn?
Dass Peter Wohlleben, der sein Leben den Bäumen gewidmet hat, erst jetzt wissen will, wie es wirklich ist, ein Baum zu sein, ist meines Erachtens reichlich spät. Aber vermutlich braucht man die Reife und Weisheit des Alters, um mit der Natur und mit Bäumen zu kommunizieren. Oder nur den Mut, ein derart emotionales und umstrittenes Thema in der heutigen Welt auszusprechen.

Der Autor ist in der Fachwelt nicht unumstritten und erfährt viel Kritik von seinen grünen Kollegen. Einigen von ihnen sind seine Bücher zu „unwissenschaftlich“, obwohl gerade dies die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Lektüre ausmacht. Mit „Buchenleben“ lässt uns Wohlleben auch hier nicht im Stich. Das Buch besteht aus zwei Teilen. In Teil 1 erzählt die Buche über ihr Leben – aus ihrer Sicht und in ihrer Sprache, aufgeschrieben vom Autor. Und im zweiten Teil, der ebenso umfangreich ist wie der erste, erklärt Wohlleben faszinierend und verständlich zu jedem Kapitel den wissenschaftlichen Hintergrund, die Fakten und die Forschungslage. Hausaufgaben gemacht! Hier kann keiner mehr dumm rausgehen.
Die Buche, die wir in Buch kennenlernen, steht seit gut 200 Jahren hinter dem Forsthaus des Autors. Geschickt und mit viel Einfühlungsvermögen lässt Wohlleben den Baum für uns auferstehen und lebendig werden.
Entzückt lese ich, wie der kleine Baum erwachsen wird und wie aufregend es für ihn ist, über die Blätterdächer der Anderen in die Ferne zu schauen.

Sprechen Sie „buchisch“? In „Buchenleben“ müssen Sie sich an eine neue Sprache gewöhnen, die des Baumes, was für mich als „Zweibeiner“ anfangs gar nicht so einfach war.

  • Die Wahren = die Buchen
  • Der braune Tod = Rehe
  • Die Wühler = Wildschweine
  • Die Haarwesen = Pilze
  • Die Zweibeiner = Menschen (logisch)

Großes Kompliment an den Autor, dem solche Beschreibungen eingefallen sind (bzw. der dem Baum sehr gut zugehört hat). Vielleicht könnte diese neue „Sprache“ Kandidatin für das Langenscheidt-Jugendwort des Jahres werden: „Mir schwirrten die Wurzelspitzen“ (Mir schwirrte der Kopf.)
Nein, es handelt sich nicht um „esoterisches Geschwätz“, was manche Kritiker vielleicht behaupten werden. Vielmehr sieht sich der Autor als „Übersetzer“ für den alten Baum in seinem Garten.
Durch ihn lernen wir die Geheimnisse des Waldes kennen, die fünf Sinne eines Baumes, und wir stellen uns die universellen Fragen: Haben Pflanzen ein Bewusstsein? Wie kommunizieren Pflanzen?
Und nein, sogar Buchen leben nicht in einer heilen Welt. Auch in ihrer Welt gibt es Neid, Eifersucht und Ungeduld. Im Grunde sind Buchen also auch nur Menschen.

Bei der Lektüre des Buches kann ich mir (mit einem Schmunzeln) allerdings eine Besorgnis nicht verkneifen: Ich fürchte, dass die Fans der Buche in Zukunft hinter dem Wohllebenschen Forsthaus durch den Wald stapfen, und das wunderbare Baum-Geschöpf mit Selfis zum Insta-Star machen wollen und so seine verdiente zweihundertjährige Ruhe stören. Stellt euch vor, was für ein erschreckender Anblick die Zweibeiner für die Buche sein werden.

Unbedingt erwähnen möchte ich noch die wunderbaren Illustrationen von Mascha Greune.

Alle, die weiter in die Materie einsteigen wollen, finden am Ende des Buches Anmerkungen mit 117 Quellen.

Danke auch für die ZWEI Lesebändchen, die der Verlag beigegeben hat. Ich bin oft von Teil 1 zu den Erklärungen von Teil 2 gesprungen. Die Lesebänder haben das sehr viel leichter gemacht.

Gestern war ich mit dem Hund im Wald spazieren. Die Hitze des Sommers war dank der Bäume sehr viel erträglicher. Ich setzte mich auf eine Bank in den Schatten einer Buche und las (auf S. 244) ihren philosophischen Rat, der für uns alle gilt:
„Zählt nicht die Menge der Tage, Monde oder Sommer, die euch vergönnt gewesen sind, sondern nur die Momente, in denen ihr wirklich gelebt habt. Wirkliches Leben, das ist Gemeinschaft, das ist gemeinsames Arbeiten, Teilen, Leiden und Lieben. Glück kann man weder messen noch festhalten, es ist so flüchtig wie die Wolken, die über den Himmel ziehen. Das ist es, was ich euch wünsche: ein glückliches Dasein.“

Danke, Buche!

P.S. Lesen und Gutes tun
Mit diesem Buch wird das Buchen-UrwaldProjekt von Wohllebens WALDAKADEMIE in der Eifel unterstützt. Von Natur aus wäre Deutschland zu über 90 Prozent von Wald bedeckt, der größte Teil davon Buchen- oder Buche/Eichen-Mischwälder. Alte Buchenwälder sind die Regenwälder Europas, und ähnlich wie in den Tropen ist es auch um sie sehr schlecht bestellt. Buchenwälder ab Alter 180 haben nur noch einen Anteil von 0,16 Prozent an der Landfläche. Die Buchenwälder des UrwaldProjekts werden konsequent geschützt und für kommende Generationen erhalten. In dem Wald-Schutzgebiet in der Eifel wird auf natürlich Weise CO2 in alten Wäldern gespeichert und somit das Klima entlastet. Gleichzeitig übernimmt das Projekt auch eine wichtige Rolle im Erhalt der Biodiversität.

0 Kommentare

Das könnte Sie auch interessieren…