Das Geschenk der Wildnis – Minimalismus und Nachhaltigkeit

12. Oktober 2020

Textschnipsel aus meinem Buch „Das Geschenk der Wildnis
Kapitel „Am Walden Pond“ (S. 197 ff)

Als ich Anfang 1990 für fast ein Jahr in die Wildnis von Minnesota zog, lebte ich in einer Blockhütte ohne Strom und fließendes Wasser mitten im Wolfs- und Bärengebiet. Heute würde man dies als „nachhaltig“ bezeichnen. Für mich war es ein sehr bescheidenes Leben und noch dazu ein Knochenjob. Ich hatte keine Ahnung, auf was ich mich eingelassen hatte. Die Realität widersprach all meinen Vorstellungen vom romantischen Cabin-Leben in der Wildnis. Neben Holzhacken und Kanubauen lernte ich vor allem, mich auf mich selbst zu verlassen und zu erfahren, mit wie wenig man im Alltag auskommen kann.
Ich mag es, möglichst einfach und bescheiden zu leben. Es gefällt mir, wenn mein Umfeld klar und überschaubar ist. Ein mit „Zeugs“ vollgestopftes Haus überfordert mich. Am glücklichsten war und bin ich immer in den kleinsten Unterkünften: im Zelt, dem Wohnmobil, der Blockhütte.

1986 zog ich mit meinem Hund für vier Monate nach Vancouver, um dort an der University of British Columbia zu studieren. Wir lebten in einem kleinen Camper. Es gab einen Tisch, der sich zum Bett umfunktionieren ließ, einen Gaskocher, ein Spülbecken und eine chemische Toilette, die ich als Schublade (!) aus dem Kleiderschrank herausziehen konnte. Mehr nicht – und dennoch war ich in diesem einfachen Leben so glücklich wie nie.
Später, während meiner Wolfsforschung in Montana, mietete ich immer eine Blockhütte. Wenn ich als Reisejournalistin in den USA unterwegs war, lebte ich in Wohnmobilen oder schlief im Auto. Mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, machte mich glücklich.
Anstoß für diese Sehnsucht nach dem einfachen Leben haben mir vor sehr langer Zeit die Bücher von Henry David Thoreau gegeben. Der Schriftsteller und Naturforscher war achtundzwanzig Jahre alt, als er 1845 beschloss, eine kleine Hütte an einem See zu bauen, um sich dort für eine Weile dem Tumult der Zivilisation zu entziehen. Der See heißt „Walden“, und so nannte er das Buch, das er später darüber schrieb: Walden oder Leben in den Wäldern, eines der bedeutendsten und berühmtesten Werke amerikanischer Literatur und heute die „Bibel“ vieler Minimalisten. Thoreau sehnte sich nach Ruhe und Einsamkeit und wollte „dem eigentlichen, wirklichen Leben auf die Spur kommen“.
Es war immer mein großer Wunsch gewesen, Walden Pond mit eigenen Augen zu sehen. Nachdem ich mein Studium in Vancouver beendet hatte, fuhr ich mit dem Camper quer durch die USA an die Ostküste nach Massachusetts, um Concord und den Waldensee zu besuchen, der zu einer Art „Wallfahrtsort“ für die Minimalismus- und Umweltbewegung geworden war. Es war ein beeindruckendes Erlebnis.
Wieder zurück in Deutschland fragte ich mich, was wir von Thoreau heute lernen können …

„Am Waldenpond“ – Leseprobe

Thoreaus Hütte am Walden-See

„Walden“, Cover der Originalausgabe von 1854

Henry David Thoreau, 1856

Minimalismus
Zu diesem Thema gibt es unendlich viele Bücher, Webseiten und Blogs.
Zwei davon gefallen mir besonders gut:

Buch: „Das Minimalismus-Projekt – 52 praktische Ideen für weniger Haben und mehr Sein“.
Der Autor dieses Buches, Christof Herrmann, schreibt auf seinem lesenswerten Blog „einfach bewusst“ über Minimalismus, Nachhaltigkeit, vegane Ernährung und Wandern.

Auf dem empfehlenswerten Blog „Achtsamer Minimalismus“ schreibt Gabi Raeggel Texte, Gedanken und Inspirationen zum einfachen Lebensstil.

 

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