M237 wurde im Kanton Graubünden geboren, vom Bündner Amt für Jagd und Fischerei besendert und wanderte vom Juni 2022 bis März 2023 hunderte Kilometer Richtung Osten bis zur ungarisch-slowakischen Grenze. Damit gelang dem Kanton Graubünden die einzigartige Dokumentation der längsten bisher bekannten Wanderung eines Wolfes in Europa.
Start im Graubünden
M237 wurde im Jahr 2021 als eines von 6 Jungtieren (4 davon genetisch nachgewiesen) des Stagias-Rudels geboren. Seine Eltern sind die Wölfin F31, eine Nachfahrin von F07, der Begründerin des ersten Schweizer Wolfsrudels am Calanda und der Wolf M125 (Herkunft unbekannt). Ende März 2022 wurde M237 vom Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden mit einem Halsband mit GPS-Sender versehen. Bis zum Stichtag am 22. März 2023 lieferte sein Sender bereits Daten, welche für die Forschung sehr interessant sind. Auch deshalb, da M237 wenige Monate nach dem Besendern, im Juni 2022, altersentsprechend, seine Abwanderung begann. Vorher hat er sich in seinem Herkunftsrudel aufgehalten.
Die lange Wanderung von M237
Auf seiner Wanderung zog der Jungwolf durch vier Länder. Gestartet in der Schweiz, überquerte er im Unterengadin die Grenze nach Italien Ende Juni 2022. Während seiner Zeit in der Schweiz wurde von ihm eine einzelne genetische Probe registriert, aufgenommen am Tag seiner Besenderung. Rund zehn Tage lang durchstreifte er das Südtirol und überquerte dann die Grenze nach Österreich. Von da an lief er Richtung Norden, später dann Richtung Nord-Osten. Im Oktober befand er sich in der Region Innsbruck, von wo aus er weiter durchs Tirol Richtung Wien lief. Den Jahreswechsel verbachte er westlich der österreichischen Hauptstadt. Der Jungwolf wanderte im Anschluss hoch bis zur Donau, überlegte es sich dann anders und zog Richtung Südosten davon. Mitte Februar überquerte er die ungarische Grenze und wanderte dann in Richtung Budapest. Er brauchte rund einen Monat, um die Stadt westlich zu passieren und die Donau zu überqueren.
Die Wanderung von M237 zeigt beispielhaft, wie anpassungsfähig Wölfe sind. Auf seiner Route durchquerte er unterschiedliche Landschaften, vom Hochgebirge über Kulturlandschaften bis hin zu Siedlungsräumen. Er überquerte Flüsse, zahlreiche Autostrassen und -bahnen sowie viele Berge, einer davon knappe 3500 m hoch. Meist wanderte er zielstrebig in eine Richtung, ab und zu verweilte er auch wenige Tage bis etwa zwei Wochen an einem Ort, vielleicht um sich auszuruhen, vielleicht wegen gutem Nahrungsangebot, bevor er weiterzog.
Rekordverdächtig
Jungwölfe verlassen im Alter von 1–3 Jahren das elterliche Territorium auf der Suche nach einem eigenen. Untersuchungen zeigen, dass die Abwanderung von Jungwölfen unterschiedlich weit sein kann und sich mit dem Geschlecht unterscheiden können. Männchen wandern tendenziell weiter ab als Weibchen. In der Vergangenheit zeigten einzelne besenderte Wölfe besondere Entdeckungsfreude und wanderten erstaunlich weit. Gemäss den Informationen von KORA ist M237 mit einer Strecke von 1927 km am Boden (829 km Luftlinie) (Stichtag: 22.03.2023) der nachweislich am weitesten abgewanderte Wolf in Europa – und seine Reise geht vielleicht noch weiter. Im Vergleich ist etwa die Abwanderung des deutschen Wolfs «Alan» gut dokumentiert. Im Jahr 2009 wanderte dieser von Deutschland bis nach Weissrussland – rund 1550 km. Zwei Jahre später konnte das GPS-Signal von Wolf «Slavc» verfolgt werden, der von Slowenien bis nach Italien zog – fast 1200 km. «Slavc», der aus der dinarischen Population stammt, paarte sich im Anschluss mit einem Weibchen aus der Alpenpopulation. Dies war der erste bekannte Nachweis einer Verbindung zwischen den zwei Populationen. Im Allgemeinen sind Langstrecken-Wanderer sehr wichtig für die Verbindung zwischen Populationen. Auch M237 ist nicht mehr allzu weit weg von einem Gebiet einer anderen Wolfspopulation, der Karpaten-Population. Quelle
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