Minnesota Winter – Hintergründe und Geschichten
Wie zieht man sich sexy an bei minus dreißig Grad? Diese Frage ging mir seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf. Die Verkäuferinnen, die ich in den einschlägigen Geschäften nach warmer Spitzenunterwäsche gefragt hatte, konnten nur die Schultern zucken.
„Was denn? Warm oder sexy?“
Beides gab es wohl nicht. Ich hatte schließlich aufgegeben und „warm“ in den Koffer gepackt. Jetzt drückte ich mir die Nase am Flugzeugfenster platt und schaute auf die Schneelandschaft unter mir. Vielleicht hätte ich doch besser „sehr warm“ einpacken sollen.
„Haben Sie noch einen Wunsch?“, fragte die Stewardess lächelnd und goss mit einem professionellen Lächeln dünnen Kaffee in meine Tasse. Diesmal nahm ich auch ein paar der angebotenen Häppchen an und sah, wie sie erleichtert aufatmete. Vermutlich war ich ihr unheimlich, denn ich hatte, seit das Flugzeug vor fünf Stunden in Frankfurt gestartet war, keinen Bissen angerührt. Aber das Essen interessierte mich nicht. Ich flog in das Abenteuer meines Lebens.
Unter mir lag die unendliche Weite Kanadas. Labrador zog tief verschneit vorüber. Wie so oft, wenn ich diese Strecke flog, wünschte ich mir, ich könnte hinausspringen und in die samtweiche Schneelandschaft eintauchen, die aussah wie Zuckerwatte auf dem Weihnachtsmarkt. Ich fragte mich, ob wohl Menschen in diesen abgelegenen Seengebieten lebten und wie dieses Leben aussah. Ich liebte die Einsamkeit und den Winter. Erst wenn es richtig kalt wurde, blühte ich auf. Vermutlich lag es daran, dass ich im Februar geboren bin – ein Winterkind. Fällt der erste Schnee, atme ich auf. Endlich! Wenn ich in den Urlaub fahre, zieht es mich nicht in den Süden, sondern in nordische Länder. Alaska, Kanada, Weite, Einsamkeit, Kälte, das ist meine Welt. Ich las jedes Buch über Aussteiger und Abenteurer, das ich finden konnte, und beneidete alle, die so lebten. Und nun würde sich dieser Traum erfüllen.
So beginnt mein Buch „Minnesota Winter“.
Jedes Jahr im Winter denke ich an die Zeit in der Wildnis zurück, an dieses besondere Jahr, wo ich mir einen Lebenstraum erfüllt – und mich dabei in große Gefahr gebracht habe.
Heute möchte ich euch ein wenig von der Entstehung des Buches erzählen, denn das allein war schon ein Abenteuer.
Ich wünsche euch viel Spaß mit meinem Wildnisabenteuer
Minnesota Winter – Making of – Teil I
August 2012
»Wann bist du endlich fertig?«
Es gibt Autoren, die setzen sich hin und schreiben ein Buch. Tag für Tag starten sie den PC, öffnen ihre Datei und legen los, so lange, bis das Buch fertig ist. Ich schreibe normalerweise auch so.
Aber mein neues Buch »Minnesota Winter« ist kein solches Werk. Es ist ein Winterbuch. Ich arbeite an ihm ausschließlich in der kalten Jahreszeit. Jedes Jahr, wenn die ersten Schneeflocken vom Himmel fallen, öffne ich wie selbstverständlich automatisch die Datei und beginne, zu schreiben, Tag für Tag – so lange, bis der Schnee taut und die Frühlingsblumen sich einen Weg durch die Erde bahnen. Genauso plötzlich, wie ich begonnen habe, beende ich das Manuskript und widme mich anderen Projekten. All dies geschieht, ohne darüber nach zudenken. Es scheint, als ob ich einem inneren Zwang folge, denn nur in dieser Jahreszeit kann ich mich in meine Wildniscabin zurückversetzen. Dann spüre ich die Kälte, rieche das Holz, das im Ofen brennt, und höre die Stille des Nordens. Ich bin zurück in den Wäldern von Minnesota, laufe mit Schneeschuhen durch den Schnee zum See und suche nach Wolfsspuren. In meinen Träumen erinnere ich mich an das Nordlicht, das bunte Farben in den dunklen Nachthimmel webt, und meine Sehnsucht wird so heftig, dass sie schmerzt.
Dann setze ich mich an meinen Schreibtisch und arbeite am Buch, leidenschaftlich, brennend, nur unterbrochen von der Alltagsroutine. Es ist ein sehr intensives Erlebnis, das mich in den »Flow« geraten lässt und mir ein tiefes Glücksgefühl bereitet. Ich empfinde dieses Glück nicht nur, weil ich so intensiv schreibe, sondern auch weil ich dabei noch einmal meinen Traum von der Hütte in der Wildnis erleben kann.
Eigentlich möchte ich dieses Buch niemals beenden …
Irgendwann unterbrechen schnöde und brutal meine nicht schreibenden Freunde mein Glück.
»Wann bist du endlich fertig?«, fragen sie. Sie verstehen nicht, wie es ist, wenn ein Buch in dir wächst und nicht geboren werden will, weil es sich in meinem Kopf und Bauch so gut und warm anfühlt. Sie haben keine Ahnung, wie es ist, zu schreiben. Sie wollen nur das Ergebnis sehen. Zu lange warten sie schon darauf. Früh habe ich wenige auserwählte Freunde am Entstehen des Buches teilhaben lassen, ihnen einige Probekapitel vorgelesen. Sofort bereue ich es, denn von nun an werden sie mich quälen und immerfort fragen: »Wann ist es endlich fertig?«, und »Wir wollen wissen, wie es weitergeht.« Sie werden mich zur Geburt nötigen und mein »Baby« aus mir rausreißen. Ich bin noch nicht soweit! Nur noch ein paar Winter!
Dann kann ich den Zeitpunkt nicht mehr aufhalten. Mein Baby ist ausgewachsen. Es will nicht mehr in mir bleiben. Drängt geboren zu werden in die kalte Welt eines Verlagshauses und einer Druckerei. Vor allem aber will es sich den Lesern stellen.
In dieser Blog-Serie erzähle ich von der Entstehung meines Buches „Minnesota Winter. Eine Liebe in der Wildnis“.
Alle Beiträge:
- Wann bist du endlich fertig?
- Titelsuche / Die Sache mit dem Sex
- Trailer, Trailer und kein Ende
- Premierenlesung in Berlin
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