Schwer verletzter Wolf gesichtet. NABU-AG vermutet eine Straftat und schaltet Staatsanwaltschaft ein
Am 21. November 2024 wurde in Schermbeck ein schwer verletzter Wolf von mehreren Zeugen gesichtet und gefilmt. Dem Tier fehlt etwa die Hälfte des rechten Vorderlaufs. Augenzeugen schildern die Verstümmelung als frisch.
Wölfe sind bekanntlich auf mehreren Gesetzgebungsebenen streng geschützt. Die Arbeitsgemeinschaft „NABUs im Wolfsterritorium Schermbeck-Dämmerwald“ vermutet eine Straftat und hat daher die Zentralstelle für Umweltkriminalität in NRW bei der Staatsanwaltschaft Dortmund eingeschaltet.
„Wir halten das Video für echt“, sagt Rolf Fricke vom NABU Bottrop, „denn wir haben die abgebildete Örtlichkeit erkannt. Auch wenn das Gutachten dazu noch aussteht, das Tier ist nach unserem Dafürhalten eindeutig ein Wolf.“ Sein Borkener Kollege Martin Frenk ergänzt: „Es fehlt ein Großteil des rechten Vorderlaufs. Eine schwere, möglicherweise final tödliche Verletzung, die kaum natürlichen Ursprungs sein kann. So etwas entsteht typischerweise durch eine Schlagfalle oder einen verzogenen Schuss. Da hier wahrscheinlich eine Straftat vorliegt, haben wir den Vorfall den Behörden angezeigt.“
Die NABU-Verantwortlichen weisen darauf hin, dass dies vermutlich nicht das einzige Artenschutzdelikt ist, was im Wolfsterritorium Schermbeck-Dämmerwald verübt wurde. Die Naturschützer vermissen fünf Wölfe, die als „verschollen“ gelten: GW 2889 m und GW 2890 f aus dem Dämmerwald, GW 2347 m aus der Hohen Mark und Glorias ersten Partner, den Rüden GW 1587 m, mit dem die bekannte Wolfs-Fähe drei Mal Welpen aufgezogen hat. Auch Glorias zweiter Partner GW 3616 m, mit dem sie vermutlich zwei weitere Würfe hatte, wurde seit Sommer nicht mehr nachgewiesen. Dies seien alles kurz vor ihrem Erstnachweis zugewanderte Tiere gewesen, vermutlich relativ jung und gesund. Erwachsene Wölfe haben laut Leibnitz-Institut für Zoo und Wildtierforschung in Berlin eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 88 Prozent. Und nun, so fragt man sich in den NABU-Organisationen, sollen alle fünf Tiere innerhalb von zwei Jahren in Schermbeck und Umgebung „verschollen“ sein? Bei Wildtieren gäbe es Verluste, etwa durch Verkehrsunfälle, Krankheiten, Verletzungen aus dem Kampf mit wehrhaften Beutetieren oder Revierkämpfe. Davon sei aber nichts bekannt, es seien keine toten Wölfe gefunden bzw. gemeldet worden.
Das Töten von Wölfen ist eine Straftat und trotzdem verendete in Deutschland nach Angaben des Leibnitz-Institutes von 1.000 eingehend untersuchten Wölfen jeder Zehnte an einer Kugel. In 13,5 Prozent dieser sezierten Wölfe fanden sich Hinweise auf eine Straftat wie zum Beispiel den illegalen Beschuss, wobei die Tiere nicht immer daran starben. Die AG der NABU-Organisationen hält es daher für wahrscheinlich, dass auch in unserer Region illegal Wölfe getötet werden.
Den Tierhaltern täte man damit keinen Gefallen. Würden die Rüden getötet, fehlte bei der Aufzucht der Welpen im zweiköpfigen Team aus Fähe und Rüde ein zentraler Versorger. Die daraus entstehende Not einer „Alleinerziehenden“ hätte Gloria gerade im zurückliegenden Sommer eindrücklich gezeigt. Ihr zweiter Partner GW 3616 m, sei zumindest mit dem Haplotyp 01 am 20. Juli dieses Jahres zuletzt aufgefallen. Wenige Tage danach startete eine Serie von Wolfsrissen in der Region. Die NABU-Chefs vermuten, dass der Rüde getötet wurde und die Wolfsmutter – auf sich allein gestellt – ihren Nachwuchs nicht verhungern lassen wollte. Sie sei deswegen das große Risiko von Nutztierrissen eingegangen. Die Schafe, darauf weist die NABU AG ausdrücklich hin, seinen ihrer Informationen nach alle nicht nach dem empfohlenen Herdenschutz vor Wolfsangriffen geschützt gewesen. Letzteres wird seit einigen Jahren durch Beratung und Finanzierung vom Land NRW gefördert, die Weidetierhaltenden trügen daher eine große Mitverantwortung für ihre Verluste.
Fricke fasst zusammen: „Auch wenn Nachweise schwer und Dunkelziffern hoch sind: Die Behörden dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen. Insbesondere im vorliegenden Fall erwarten wir eine konsequente Untersuchung des Geschehens. Täter, die streng geschützte Tiere töten oder quälen, sollten sich nicht zu sicher fühlen.“
(PM vom 26.11.2024, Hervorhebungen durch die Redaktion)
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